Historische Stadtteilbegehung am 17.04.2016

Die erste Stadtteilbegehung fand am 17.04.16 statt:

Gemeinsam mit dem Heimatforscher Dietmar Ahlemann, trafen sich am Sonntag im April mehr als 40 Interessierte zur ersten Stadtteilbegehung im Rahmen des Pfarrentwicklungsprozesses. Bei einer 50%igen Regenwahrscheinlichkeit, machen wir uns mutig auf den Weg, die Schirme vorsorglich eingesteckt.

Gleich am Treffpunkt standen wir vor einem historisch bedeutsamen, denkmalgeschützten Gebäude, unserer neugotischen Kirche St. Peter und Paul in Huckingen, fertiggestellt gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich stand hier eine Filialkirche (mindestens seit 1289) von Mündelheim. Zwischenzeitlich (16. Jhd) wurde die Kirche von reformierten Geistlichen geleitet und wäre daher fast eine evangelische Kirche geworden. Letztlich wurde durch die Ermordung des protestantischen Grafen von Broich die Patronatsrechte mit Zustimmung der Herzöge von Jülich-Berg, an den Duisburger Kreuzbruderkonvent übertragen. Somit ist die Kirche heute katholisch.

Huckingen gehört zu einer der ältesten Siedlungen auf Duisburger Stadtgebiet, nach der Altstadt von Duisburg, ist Huckingen der älteste rechtsrheinische Ort. Es entstand in fränkischer, frühmittelalterlicher Zeit und war seitdem durchgehend besiedelt. Der Name stammt nicht – wie ursprünglich gedacht – von „Huck“ = Ecke ab, sondern von einem Namensgeber, einem einst für dieses Gebiet bedeutsamen Herren namens „Hugo“. Huckingen lag früher an einer alten, wichtigen Nord-Süd-Handelsstraße.

Die Ansammlung von den alten Höfen hängt auch mit der bedeutenden Lage zwischen den beiden Königshöfen Duisburg und Kaiserswerth zusammen. Vom Huckinger Bürgerverein gerettet werden konnte der nach seinem letzten Pächter benannte Kreifeltshof (ehemals Kohnenhof), der bis Anfang des letzten Jahrhunderts noch von der Familie Kreifelts bewohnt war.

Die „Schanzenbrücke“ – oder früher „Schobbesbröck“ = Schafsbrücke war einst die einzige vorhandene Überquerung des Bruchgrabens, die vermutlich zu den Schafweiden führte.

Die Gebäude des als erstes urkundlich bereits im 13. Jhd. erwähnten Halmeshofs, auf der Fläche der ehemaligen Huckinger Volksschule - von Letztere steht nur noch der älteste Gebäudeteil - ist nicht mehr vorhanden. Der noch stehende älteste Teil der Volksschule sowie die dazugehörende Mauer sind denkmalgeschützt. Das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Halmeskreuz, dessen ‚Zwilling‘ an der Sittardsberger Allee errichtet wurde, erinnert ebenfalls an den einstigen, bedeutsamen Hof. Seine Pächter mussten diesem Namen nach ursprünglich die Hälfte ihrer Erträge an den Grundeigentümer abgeben. Derzeit wird auf dem Gelände eine Tiefgarage ausgeschachtet, da dort gebaut werden soll. Man erhofft sich von Seiten der Archäologen interessante Funde. Zu hoffen ist nur, dass die Stadtarchäologen sicherstellen, dass diese Funde auch katalogisiert und für die Nachwelt sorgsam festgehalten werden.

Unweit hiervon befindet sich das mittelalterliche, freiadlige Rittergut Steinhof (um 1450 als Gutshof erwähnt) mit dem ältesten Gebäude auf Duisburger Stadtgebiet, dem Steinturm (öltester Teil aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts). Vermutlich fungierte dieser Wohnturm als Zollstation. Fast wäre dieser im Zuge der einst geplanten Baumaßnahmen in den 70iger Jahren abgerissen worden. Dringend saniert werden müssten die Balken im Turm, um einer Einsturzgefahr entgegenzuwirken. Allerdings wäre hierzu ein Investor nötig.

In der Nähe gab es dort, wo jetzt das Edeka-Center steht, den „Butendorfer-Hof“ (1394). „Buiten“ bedeutet außen, außerhalb. Frühere Pächter waren u.a. die Familie Leuchten. Der Huckinger Bürgerverein hofft, dort bald eine Informationstafel aufstellen zu dürfen, mit Unterstützung des Edeka-Centers.

Am Ende des EDEKA-Geländes, kurz vor dem Verteilerkreis befindet sich ein Graben, der als Bodendenkmal eingetragen ist. Durch diesen wurde einst vom Böckumer Hof aus Oberflächenwasser abgeleitet, so dass eine Versumpfung verhindert wurde. Dort ist das Bodendenkmal bereits mit einer Tafel beschriftet. Der sog. „Böckumer Leitgraben“ war ein künstlich angelegter Entwässerungsgraben des ausgehenden Spätmittelalters zwischen Anger und Bruchgraben.

Bei den Ausgrabungen des Sees zwischen Sandmühle und Landgasthaus Milser wurden ebenfalls bedeutende archäologische Funde ausgegraben. Es wurde festgestellt, dass in diesem Gebiet eine große eisenzeitliche Siedlung aus sog. Pfahlbauten bestand. Gefunden wurde Steinwerkzeug, das aufgrund seiner zeitlosen Form häufig bei eisenzeitlichen Ausgrabungen gefunden wird. Es wurden ebenfalls Überreste, die auf das Vorhandensein eines Ton Ofens zur Herstellung von Tontöpfen schließen lassen, gefunden. Diese Funde weisen darauf hin, dass die Gegend bereits in der Jungsteinzeit (3. Jahrtausend v. Chr.) besiedelt war.

Weiter geht es zur Sandmühle (sant moelen), die einst eine wassergetriebenen Getreidemühle war. Der Name ergibt sich aus der geographischen Lage. Das Gebäude wurde am alten Angerbach an einem Ausläufer des Heidbergs, einer Sanddüne des Rheinurstromtals errichtet. Vermutlich war das Gebäude ursprünglich ebenfalls ein Rittersitz, hierauf lassen die noch erhaltenen Bruchsteinfundamente schließen. Nach Umleitung der Anger musste die Mühle auf elektrischen Betrieb umgestellt werden und wurde schließlich aufgegeben. Nicht weit von dieser Stelle gab es ebenfalls die Winkelhauser Ölmühle, deren neuzeitliche Gebäude bereits den Baumaßnahmen zur Vorbereitung der B288 zum Opfer gefallen sind.

Gleich um „die Ecke“, hinter der Straßenbahnhaltestelle bei dem Landgasthaus Milser halten wir an der Tafel, die auf das ehemalige Gut Kesselsberg hinweist. 1349 war es Gut der Witwe des Grafen von Berg. Der einst auf einem Berg errichtete Sitz „Hof auf dem Berge“ wurde an einen Herrn zu Bottlenberg verpachtet. Die Huckinger Linie nannte sich ab etwa 1400 „Kessel“, daher stammt wohl der Name. Das Besondere an dem Gut war, dass es nie „befestigt“ war. Das ist sehr ungewöhnlich. Von dem ursprünglichen Rittergut ist erkennbar nichts erhalten.

Ein paar Minuten später erreichen wir das frühere Wasserschloss Haus Böckum, das früher von einem Wassergraben umgeben und durch eine Zugbrücke geschützt war. Voraussichtlicher Namensgeber war der früher bis an das Gut heranreichende Buchenwald (Hof zu den Buchen). Es ist das auf Duisburger Stadtgebiet das einzige noch erhaltene Wasserschloss. Bald werden dort und in der ebenfalls denkmalgeschützten angrenzenden Scheune Mietwohnungen errichtet. Der idyllische Weg um das Gut herum wird wohl durch eine Zufahrtsstraße ersetzt. Schade, aber leider ist der Hof nicht anders zu erhalten. Uns begrüßen die von Josef Paeßens liebevoll gepflegten Gänse, von denen die eine oder andere Weihnachten als Festessen bei uns auf dem Tisch stehen wird.


Nun teilt sich die Gruppe, denn die angekündigten zwei Stunden sind bereits um. Es hat nicht nur nicht geregnet, sondern nun scheint die Sonne und das Wetter zeigt sich von der besten Seite. Viele der Zuhörer entschließen sich, auch noch das Rittergut Remberg zu besichtigen und seine Geschichte anzuhören.

Einst residierten in dem Wasserschloss Remberg (ursprünglich Renbruggen = Rinderbrücke) die Ritter von Kalkum. Das Rittergut war von zwei Wasseradern umschlossen und lag in sumpfigen Gebiet. Unter der Wiese vermuten die Archäologen die Reste des Ritterguts. Vermutlich gab die hier vorhandene Brücke, über die die Rinder zu den Weiden getrieben wurden, dem Rittersitz seinen Namen. Die Herrscher hatten einen eher unrühmlichen Ruf, da sie regelmäßig an Raubüberfällen auf die Kölner Handelswege beteiligt waren – auch zu Wasser auf dem Rhein. Es entstand die sog.  Kalkumer Fehde. Die Ritter von dem Gut Remberg trieben es so arg, dass Köln ein Söldnerheer anheuerte, die das Rittergut vollständig zerstörten. Danach zerstörte, brandschatze und raubte das Söldnerheer rund um Huckingen und weiter noch bis durch das bergische Land (Solingen). In dem wiederaufgebauten Rittergut wurde später (1612) ein Brauhaus errichtet.

Im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses hatte sich der Gemeinderat von St. Peter und Paul und St. Suitbert entschlossen, „ihre“ Stadtteile zu Fuß zu erkunden. Während nun im April die historische Stadtteilwanderung in Huckingen stattgefunden hat, plant die Gemeinde am 3. Oktober 2016 eine Besichtigung des Wanheimer Stadtteils, gemeinsam mit dem dortigen Bürgerverein.

 

Artikel zur Stadtteilbegehung im Nordboten